Interessensgruppen in sozialen Medien – ein Für und Wider!

Einleitung

In diesem Blog beschäftige ich mich mit der Nutzung von sozialen Medien – insbesondere Facebook – zur Informationsgewinnung und dem Informationsaustausch bei Erkrankungen. Dabei werde ich auch kurz auf die geschichtliche Entwicklung elektronischer Medien eingehen.

Ich habe mich sehr lange mit meiner Erkrankung nicht wirklich beschäftigt. Für mich war das nach der ersten Operation und Bestrahlungen erledigt und die ersten 15 Jahre nach der Operation ging es mir auch sehr gut. Außer den jährlichen Kontrolluntersuchungen erinnerte mich praktisch nichts daran, dass ich an Krebs erkrankt war. Auch in den Jahren mit den ersten Rezidiven und neuerlichen Operationen verließ ich mich weiterhin auf mein Ärzteteam. Das änderte sich im Jahr 2017 und ich begann mich nun intensiv mich über meine Erkrankung zu informieren. Willst Du gleich dorthin springen, dann klicke bitte hier.

Auch gab es im Jahr 1990 noch keine soziale Medien, das Internet war in seinen Anfängen und die Suche nach medizinischen Informationen war sehr schwierig. Damals war man von den Auskünften der Mediziner in gewisser Art und Weise abhängig. Wie gesagt, hat mich das damals auch nicht gestört.

Vom Wählscheibentelefon zu Facebook & Co

First contact – das Wählscheibentelefon

old phone

Ich wuchs noch mit Wählscheibentelefonen auf, dessen Anschluss man sich mit drei anderen Haushalten teilen durfte. Wie veraltet diese Technologie bereits ist, wurde mir bei einem Museumsbesuch mit meinen Kindern bewusst, die keine Ahnung hatten, was das war und wie man es bedient. Ich musste natürlich darüber schmunzeln, gleichzeitig aber auch erkennen, wie lange die Verwendung dieser Telefone bereits her war. Aber für mich war es der erste Kontakt der Kommunikation über elektronischem Weg.

Die Entwicklung der Mobiltelefonie

In den 70er Jahren entwickelten sich die ersten Mobilfunknetze für den zivilen Bereich. Parallel dazu hielten die ersten Mobiltelefone Einzug, die sich aus den bereits in Fahrzeugen eingesetzten ersten Autotelefonen entwickelten. Ich kann mich noch gut an die ersten “Geräte” erinnern, die schwer und globig waren und eher mit Ziegelsteinen verglichen werden konnten. 1973 wurde vom Erfinder Martin Cooper darüber das erste Gespräch in New York geführt. Seitdem entwickelten sich die Mobilfunknetze von 1G bis heutzutage 5G (2023) und die globigen Mobiltelefone ständig weiter. Vom “Ziegelstein” von damals, ging es über handliche Mobiltelefone, mit denen man auch SMS versenden konnte, zu den Blackberrys, bis 2007 Apple mit dem iPhone und seinem Betriebssystem iOS einen Wendepunkt in der Entwicklung der Mobiltelefone einläutete.

modern smartphone

Das Smartphone war geboren und mit Android gibt es zwei Plattformen (unter ein paar weiteren), auf denen sich heute die wichtigsten Smartphone – Hersteller mit einer beinahe schon unüberschaubaren Anzahl verschiedener Modelle konzentrieren. Die Entwicklung geht immer weiter und die Geräte werden dabei auch immer kleiner. Selbst das telefonieren über Armbanduhren ist schon heute einfach mit mehren Modellen möglich.
Heute benützen laut Schätzungen ca. 3,5 Milliarden Menschen Smartphones – eine unvorstellbare Zahl.

Die wichtigsten Internettechnologien für die Zivilbevölkerung

Mit den Smartphones wurde natürlich auch die Internetnutzung massiv ausgeweitet. Das World Wide Web, in der Form wie wir es kennen um Webseiten abzurufen, begann seine Entwicklung für die breite Öffentlichkeit Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre. Die Anzahl von Webseiten wuchs jährlich unaufhörlich, wobei der Peak im Jahr 2017 mit knapp 1,8 Milliarden Websites erreicht wurde und seit dem wieder rückläufig ist, zumindest wenn es nach den Statistiken von Statista und Internet Live Stats geht.
In den 90er Jahren explodierte die Nutzung von Email-Diensten auf Basis des Internets förmlich. Verschiedene Email-Diensteanbieter boten ihre Infrastruktur einer immer größer werdenden Anzahl von Nutzern an. Für meine Generation war und ist Email – neben Messenger – Diensten die wichtigste Art der elektronischen Kommunikation.
Eine weitere auf dem Internet basierte Anwendung sind die Messengerdienst. Die ersten Dienste, mit denen man bereits in den 2000ern Textnachrichten einfach austauschen konnte, waren ICQ und der Instant Messenger von AOL. Aber erst mit der Verbreitung der Smartphones explodierte auch diese Technologie und Dienste wie WhatsApp (2009) und Facebook Messenger (2011) sind – neben vielen anderen – nicht mehr wegzudenken.
Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie meine Großeltern, aber auch meine Eltern mit diesen Technologien überfordert waren. So ähnlich geht es mir heute bei der Nutzung der neuesten Social Media – Plattformen. Dabei ist für mich vor allem die Vielfalt der Dienste die Herausforderung, von denen ich nicht mehr alle nutze.

Die Sozialen Medien

Die Anwendung sozialer Medien

Was versteht man eigentlich unter sozialen Medien? Wie werden diese definiert?
Soziale Medien werden in der Regel als interaktive Online-Plattformen oder Dienste definiert, die es Benutzern ermöglichen, Inhalte zu erstellen, zu teilen, zu kommentieren, zu liken und sich miteinander zu vernetzen.
Hier ein bekanntes Zitat von Mark Zuckerberg, dem Mitbegründer und CEO von Facebook:
“Die Menschen möchten Informationen teilen, und je offener und transparenter das Internet wird, desto mehr wird die Welt sich vernetzen.” – Mark Zuckerberg

Auch wenn es davor schon zarte Entwicklungsversuche gegeben hat, startete für mich in den 2000ern die Entwicklung der sozialen Medien. Insbesondere waren daran beteiligt:

  • LinkedIn (2002) für die berufliche Vernetzung international
  • XING (2003) für die Berufswelt im deutschsprachigen Raum
  • Facebook (2004) als größte social Media – Plattform für den privaten und geschäftlichen Bereich
  • Youtube (2005)
  • Twitter, jetzt X (2006)

Für mich sind das die Pioniere der sozialen Medien, wobei Facebook wohl den größten Beitrag dazu geleistet hat, soziale Medien weltweit einzuführen. Mehr als 3 Milliarden Menschen nutzen 2023 monatlich diesen Dienst. Später kamen noch weitere Plattformen dazu. Die wohl bekanntesten sind Instagram, Snapchat, Pinterest und TikTok.

Und ich bin mir sicher, das viele andere noch folgen werden.

Mein Zugang als IT-Techniker zu sozialen Medien

Ich war immer sehr skeptisch, was die Verwendung der sozialen Medien anbelangt und nutze selbst Facebook für den privaten Bereich, sowie LinkedIn und XING beruflich. Natürlich sehe ich mir auch Videos in Youtube an. Twitter verwende ich – wenn überhaupt – nur zum Aufruf von Nachrichten, die von anderen Inhalten geteilt wurden. Instagram, Snapchat und Co verwende ich so gut wie gar nicht.
Da ich beruflich nicht mehr tätig bin, habe ich meine Konten auf XING und LinkedIn mittlerweile geschlossen.
Ich war und bin sicher auch deswegen skeptisch, da mir bewusst war, dass alle Aktionen von mir gespeichert und ausgewertet werden und dadurch Profile von mir angelegt werden, die von den Plattformen für verschiedene Geschäftszwecke – allen voran für Marketingzwecke – genutzt werden. Man muss ja nur das eigene Aktivitätenprotokoll ansehen und weiß, dass hier sicherlich keine Inhalte und Aktionen vergessen werden, die von Analyseprogrammen ausgewertet werden können.

Ich sah damals keine Vorteile für mich, zu viel von mir preiszugeben. Anhand meines Aktivitätenprotokolls in Facebook kann ich auch heute noch meinen vorsichtigen Einstieg gut nachvollziehen. Von 2009 bis 2012 waren jährlich nie mehr als 5 Beiträge oder Kommentare von mir zu finden. So richtig aktiv war ich damals also nicht.
Das änderte sich erstmalig aber 2013, als ich mich beruflich umorientierte und die sozialen Medien auch für die Entwicklung neuer Geschäftsmöglichkeiten nutzte. Dabei kamen auch XING und LinkedIn zum Einsatz, die ich – wie geschrieben – heute nicht mehr nutze.

Der große “Durchbruch” zur Verwendung der sozialen Medien im privaten Umfeld war für mich das Jahr 2014, als mein älterer Sohn mit einer unheilbaren seltenen Muskelerkrankung diagnostiziert wurde. Auf der Suche nach Informationen zu dieser Erkrankung stieß ich auf verschiedene Webseiten, aber auch auf private Interessensgruppen in Facebook. Und eine dieser Gruppen zeigte mir, für mich das erste Mal, den wirklich sinnhaften Einsatz von sozialen Medien.
Ich erhielt und erhalte in kürzester Zeit praktisch jede Information, die ich benötige, lernte und lerne tolle Menschen kennen, die ebenso von der Erkrankung betroffen sind, oder – so wie ich – als Angehörige einfach nur helfen möchten.
Mir war zwar auch hier bewusst, dass mein Profil um die Erkrankung meines Sohnes erweitert wurde, aber die Kontakte, die Informationen und den Rückhalt, den ich – besser gesagt wir als Familie – von den Teilnehmern dieser Gruppe zurückbekam, war und ist unbezahlbar.
Auch dass das Thema Datenschutz von den Unternehmen immer ernster genommen wurde, trug dazu bei, dass mein Vertrauen in Facebook & Co ständig wuchs.

Die Interessensgruppen zum medullären Schilddrüsenkarzinom

Für meine eigene Erkrankung habe ich bis zum Jahr 2017 keine Interessensgruppen genutzt, aber in den Jahren davor damit begonnen, unstrukturiert das Internet nach Informationen zu meiner Erkrankung zu durchsuchen. Vor allem suchte ich Informationen zur systemischen Behandlung, also der Behandlung mit Medikamenten, da mir bewusst war, dass ich irgendwann an chirurgische Grenzen stoßen würde.

Als dann noch – mehr durch Zufall – entdeckt wurde, dass über die letzten 27 Jahre meine Schilddrüsenmedikation falsch eingestellt war, beschloss ich, auch diese Türe aufzumachen und mich zwei Interessensgruppen anzuschließen, einer internationalen und einer deutschsprachigen Gruppe.

Und auch hier war das Ergebnis überwältigend. Es tat sich für mich eine komplett neue Welt auf, vor allem aufgrund der internationalen Gruppe, die vorwiegend aus amerikanischen Mitgliedern bestand.

So erhielt ich gleich nach herzlichen Willkommensgrüßen bei der Freigabe meines Zuganges ein Dokument für den richtigen Umgang mit meiner Krankheit.
Da waren zwar viele Informationen dabei, die für mich zu spät waren, aber für jemanden, der neu mit der Erkrankung konfrontiert ist, ist das unbezahlbar wichtig.
Und der eigentlich Grund, sich dieser Gruppe anzuschließen und neueste Informationen zu systemischen Therapien zu erhalten, wurde mit einer einfachen Suche nach den neuen Therapien durch unzählige Posts zu diesem Thema beantwortet. Auch das meine Schilddrüsenmedikation definitiv falsch war, wurde hier nochmals bestätigt.
Mir wurde auch der Vorsprung, den US-Bürger im Gegensatz zu uns in Europa lebenden Bürgern in Bezug auf die Zugänglichkeit von Medikamenten aus aktuellen Forschungen bewusst. Hier hat Europa definitiv Aufholbedarf.

Auch in der deutschsprachigen Gruppe war die Begrüßung mehr als herzlich und so tausche ich mich nun in beiden Gruppen mit den Gruppenmitgliedern aktiv aus, versuche auch dort zu helfen, wo ich helfen kann und gebe meine Erkenntnisse in diesen Gruppen gerne weiter.

Vor- und Nachteile bei der Teilnahme an Interessensgruppen:

Vorteile:

  • Rasche Information zu neuesten Forschungen durch Schwarmwissen
  • Neueste Untersuchungsmethoden in den verschiedenen Ländern – allen voran USA
  • Erkenntnisse des Einsatzes von Medikamenten direkt von den Betroffenen
  • Umgang mit Nebenwirkungen von Medikamenten
  • Kontaktdaten von Spezialisten in unterschiedlichen Ländern
  • Großartige Hilfestellung und Unterstützung bei eigenen Problemen
  • Sehr interessante Veranstaltungen, die auch meistens Online besucht werden können

Nachteile:

  • Bekanntgabe von Gesundheitsdaten in sozialen Medien – Weitergabe der Daten möglich
  • Verarbeitung negativer Nachrichten bis hin zum Tod von Gruppenmitgliedern

Mein Fazit

Meine anfängliche große Skepsis gegenüber Interessensgruppen in sozialen Medien wurde durch die Teilnahme in Facebook – Interessensgruppen überwunden. Zwar habe ich immer noch Bedenken, zu viele Daten und Informationen preiszugeben, weshalb ich auch im privaten Umfeld noch immer zurückhaltend bei Postings bin. Aber die Vorteile die Interessensgruppen zu nutzen, überwiegen diesen bei weitem.

Einen Punkt möchte ich aber auch erwähnen, der für Gruppenmitglieder problematisch ist, aber leider dazugehört. Aufgrund unserer Erkrankung gibt es nicht nur positive Nachrichten und die schlimmsten Informationen sind die, die den Tod einzelner Teilnehmer betreffen. Auch wenn man sich persönlich nicht kennt, hat man über die Gruppe einen sehr intensiven Kontakt zueinander und fühlt mit jedem und jeder einzelnen mit, da man sehr gut nachvollziehen kann, wie es einem in bestimmten Situationen selbst ergangen ist. Aber die Konfrontation mit der Ewigkeit des Todes ist jedes Mal ein Stich ins Herz und eine Erinnerung an die eigene Endlichkeit.
In unserer Gruppe werden verstorbene Mitglieder als “meddie-warriors” geehrt und gemeinsam in der Gruppe deren Tod verarbeitet. Auch das hilft, damit besser umzugehen und uns gemeinsam zu motivieren, weiter daran zu arbeiten, dass es uns allen gemeinsam besser geht.


Mein Fazit ist also: Ja – die Interessensgruppen haben mir geholfen, besser mit meiner Erkrankung umgehen zu können und neueste Informationen zu Behandlungsmethoden zu erhalten – vor allem zu systemischen Therapien. Der Austausch zwischen Gleichbetroffenen hilft ungemein, um mit diversen Situationen bezüglich meiner Erkrankung besser umgehen zu können.

Für alle, die Interesse haben, diesen Gruppen beizutreten, hier sind die Links dazu:

Für beide Gruppen muss man sich anmelden und nur mit dieser Erkrankung betroffen sein. Auch enge Angehörige erhalten einen Zugang.

Ich hoffe, du konntest Informationen aus dem Blog für dich mitnehmen.

Mich würde interessieren, wie du soziale Medien und Interessensgruppen nutzt. Es wäre schön, wenn du an der folgenden Umfrage teilnehmen würdest.

Dein Markus

Nutzt du soziale Medien und Interessensgruppen?

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